Wenn du wirklich willst

Wenn du wirklich willst

Die Tage nach dem Versand des letzten Tagebuch Newsletter im September 2020, waren von einer wohlwollenden und herzhaften Stimmung begleitet. Die darin geschilderte Geschichte und unser kolossaler Kater hat viele Leser emotional bewegt, was sie veranlasste mir zu schreiben. Freunde und Bekannte, Kunden, Fremde, Wegbegleiter und Unternehmer. Sie alle hatten Anteil an unserem Schiffsbruch. Jede einzelne Zeile war Balsam fürs Gemüt, nachdem wir 2020 einen Schritt nach vorne und zwei zurück gemacht haben. Die Anteilnahme war schlicht umwerfend und ich erfreute mich riesig daran.
Die folgenden Wochen waren wieder ruhiger, ja im Verhältnis schon fast unspektakulär. Die Absage des Einsiedler Weihnachtsmarktes war mittlerweile bestätigt. Covid19 hat auch hier allen einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Wir wirbelten weiter und wollten noch nicht aufgeben. Um unser Anliegen, tiefgekühlte Produkte im Offenverkauf, doch noch umzusetzen, fanden wir viel Unterstützung in der Politik. FDP-Nationalrat Andri Silberschmid setzte sich für uns ein und reichte mit weiteren mitunterzeichnenden Nationalräten am 30. November 2020 eine parlamentarische Motion ein, um diese von der EU übernommene Verordnung ändern zu können. Plötzlich wurde es wieder spannend in dieser Angelegenheit. Wir haben etwas ins Rollen gebracht. Gespannt wartete ich ab, was passieren würde.

An einem Montag Vormittag war ich irgendwo im Kanton Schwyz unterwegs, als mich ein Anruf aus der Wirtschaftsredaktion von Tamedia erreichte. So zumindest habe ich dies, über die leicht rauschende Freisprechanlage, im Auto verstanden. Ein sympathisch klingender Herr wollte meine Geschichte rund um Dinnair niederschreiben und veröffentlichen. Ok cool, dachte ich mir. Ohne
wirklich zu wissen, wer das genau war und was da wirklich geplant ist, erschien ich gerade mal 24 Stunden später pünktlich zum vereinbarten Fototermin bei unserem Kunden „Bettio“ im Seedamm Center in Pfäffikon. Es ging alles sehr schnell. Für mich ungewohnt, stellte die Fotografin ein halbes Fotostudio inmitten der Verkaufsfläche, unmittelbar bei der Dinnair Truhe, auf. Mit einem wahren Gewitter an Blitzen und Schnappschüssen hatten wir das vermeintlich gute Foto nach rund 30 Minuten im Kasten.


Vor dem Blitzgewitter – die Dinnair Truhe bei Bettio Commestibles

Noch am Freitag derselben Woche erhielt ich die Nachricht, dass der Bericht am kommenden Sonntag in allen Ausgaben der Sonntagszeitung erscheinen sollte. Ich war gespannt und voller Vorfreude. Meiner Freundin sagte ich bewusst nichts. Ich wollte ihre Augen sehen, wenn sie die sowieso schon abonnierte und vertraute Zeitung, in der wöchentlichen Routine, nichtsahnend, auf ihrem IPad digital durchblätterte.

Vom Bund bis zur Berner Zeitung und vom Tagesanzeiger bis zur Basler Zeitung, um nur einige zu nennen, war ein fast ganzseitiger Bericht über die Geschichte von Dinnair veröffentlicht worden. Mir wurde mulmig, ich war nervös. Es machte mich auch ein wenig stolz und der Anblick meiner überraschten Partnerin war das reinste Vergnügen.


Ungewohnt im medialen Rampenlicht – unser Anliegen


Die Berichterstattung in der Zeitung hat viel ausgelöst. Ich erhielt Zuschriften und Anrufe. Viele, auch mir nicht bekannte Personen, wollten uns in dieser Angelegenheit unterstützen. Doch nicht allen, schien unser Anliegen zu gefallen. Ich wurde mit den ersten negativen Erfahrungen einer öffentlichen Person konfrontiert. Es erreichte mich eine anonyme Postkarte mit der Aussage „Nur Schweinchen verkaufen unverpackt – Zustände wie in Whu Han China – PFUI“. Da der Absender keinen Namen auf der Karte hinterlassen hatte, konnte ich den Hintergrund nicht weiter erfahren. Jedoch amüsierte ich mich prächtig ab dem Design der Postkarte von der Expo 02 mit der Aufschrift „Kämpfen Sie täglich
für mutige und offene Kommunikation!“. Ich konnte mir das Lachen dieser Ironie nicht verkneifen. Weshalb der Absender seinen Namen nicht nennen wollte, doch genau diese Karte verwendete? Leider weiß ich es nicht.


Der Vorwurf und die Ironie – lasst uns reden

Ich fokussierte mich fortan auf den 01. Dezember 2020. Dies sollte ein historischer Tag für die Firma werden. Aldo, der allererste Dinnair Mitarbeiter, trat Punkt 08.00 zu seinem Dienst an. Naja, zumindest fast. Die wenigen Minuten Verspätung hatte er den ersten Schneeflocken zu verdanken. Obwohl ich beruflich allergisch auf Verspätungen bin, nahm ich es ihm nicht übel. Die herbstlich geprägte Landschaft änderte sich mit dem ersten Schneefall schlagartig über Nacht. Dies war vermutlich auch gleich das Zeichen, dass durch seine Anstellung auch bei Dinnair sich so einiges verändern würde. Ich schmunzelte. Ich lud Aldo zu mir nach Hause ein, da unser Lagerraum im Winter jeweils unangenehm kalt ist. Stehend am Pult, haben wir nach kurzer Zeit den Arbeitsvertrag unterschrieben. Fortan gab es keine Geheimnisse mehr und ich teilte sämtliche Informationen mit meinem Genossen. So war es mir wichtig, dass mein allererster Mitarbeiter auch den Kontostand und
die zur Verfügung stehenden Mittel kennt. Das leidige Thema Geld steht im unvermeidlichen Zentrum jedes Jungunternehmers, um existieren und weiter wachsen zu können. Im Wissen, dass daraus ein Desaster werden könnte, offenbarte ich den Blick auf die knapp 4‘000 Franken, welche auf dem Firmenkonto lagen. Ich war sowas von gespannt, wie Aldo reagierte. Denn damit hätte ich nicht mal den ersten Lohn, auf dem vor wenigen Minuten unterschriebenen Arbeitsvertrag, begleichen können. Würde er abschätzig werden? Gar laut? Könnte das Vertrauen verloren gehen? Aldo reagierte einmal mehr souverän, cool, ruhig und unerschrocken. Es kümmerte ihn keinen müden
Augenblick, denn er hat mir vertraut. Er war der richtige Mann, um eine Geschichte bei nahezu null anfangen zu können. Ohne die hohen Ansprüche, die manch einer mit sich trägt. Er hat es verstanden, dass wir gemeinsam zuerst seinen Lohn verdienen müssen. Er hat verstanden, dass Dinnair ein StartUp ist. Er war bereit für das Abenteuer. Es gelingt mir kaum, diesen noch so kleinen
Moment, diese Mimik in Worte zu fassen. Es passierte etwas. Plötzlich lag wie ein Zauber von Verbundenheit in der Luft. Ab diesem Augenblick. Ich spürte, dass es passte.

Mit dem Jahreswechsel ereignete sich auch ein für mich unrühmliches Jubiläum. Ich hatte seit über einem Jahr keine richtigen Ferien mehr. Obschon ich etwas runtergekrampft war, trotzte ich der Müdigkeit. Zu viel Positives ist in den letzten Wochen und Monaten passiert. Zu viel Spannendes und Lehrreiches. Ohne große Wehmut dachte ich ab und zu an die Zeit als Angestellter mit 6 Wochen Ferien zurück. Vor und Nachteile. Selbständig. Jungunternehmer.

Ende Januar, genauer am Mittwoch den 27igsten, erhielt ich die freudige Nachricht, dass unsere Motion in Bundesbern beim Bundesrat behandelt wurde, und dieser die Annahme ohne jegliches wenn und aber dem National- und Ständerat empfohlen hatte. Ich kann es nicht mehr nachvollziehen, aber rückblickend betrachtend begriff ich wohl gar nie, wie und was genau eine
politische Motion war. Oder besser gesagt, ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass unser Geschäft mit der Nummer 20.4349 jemals den Bundesrat beschäftigen würde. Den Bundesrat – die Landesregierung! Wow, wir stecken mitten in einer Jahrhundert Pandemie und nebenbei unterhält sich der Bundesrat um ein Anliegen von Dinnair. Krass! Nun interessierte mich das Ganze brennend.


www.parlament.ch mit unserer Geschäftsnummer 20.4349

Ich fing mich an zu informieren und zu verstehen, was da passiert. Augenblicke später klingelte auch schon wieder mein Telefon. Radio Zürisee, Boote der Urschweiz… Ich wurde als „kampflustiger Unternehmer“ in den Titelzeilen bezeichnet. Das kleine Start Up aus Einsiedeln kämpft gegen eine von der EU übernommene Verordnung. David gegen Goliath. Meine Gefühlswelt war wahrlich durcheinander. Und wir hatten tatsächlich eine Chance.
Auch abseits der politischen Bühne strotzten wir vor Energie. Aldo hat ganz schön Gas gegeben und der Zufall wollte es, dass wir Mitte Februar, innerhalb von 10 Arbeitstagen gleich 9 Neukunden beliefern durften. Damit wuchs unser Unternehmen binnen Tage um einen Drittel.

Es musste so kommen. Bereits im Oktober 2020 hatte ich unsere Säckli, in denen wir unsere tiefgekühlten Produkte mittlerweile verkaufen, neu designt und in einer Auflage von 40‘000 Stück bestellt. Das bislang mühsam und über Tage von Hand aufgestempelte Dinnair Logo, gönnten wir uns
damit, fix vorzudrucken. Die Lieferung war rechtzeitig avisiert worden, worauf ich den Lagerbestand der bestehenden, alten Beutel verringerte. Tag für Tag warteten wir auf die Lieferung. Es passierte nichts. Exakt, der doch so erfreulichen Wachstumsphase hatten wir es zu verdanken, dass unser Lager mit den alten Beuteln blitzschnell auf null sackte. Wir hatten viele Neukunden, viele
Bestellungen, die Produzenten waren motiviert am Produzieren, doch uns fehlten die cheibe Säckli! Meteorologisch ausgedrückt herrschte Hochdruck, mit annäherndem Gewitter und Starkregen.

Aldo und ich nutzen Tag und Nacht, um zu improvisieren. Auf ihn war Verlass. Frühmorgens bis spätabends. Diese zwei Wochen waren nicht etwa der blanke Horror. Vielmehr war es eine geniale Zeit, wo wir beide immer was zu lachen hatten. „Wir sind am Arsch“ riefen wir einander immer wieder nach. Wir machten Späße und Streiche. Wir nahmen das eine oder andere Fyrabäbierli, bei Einbruch der Dunkelheit, im kalten Lager und machten aus dieser hektischen Phase wundervolle Tage.

An einem Mittwoch, wir hatten wirklich kein einziges Säckli mehr, fuhren wir in den Aargau zu einer Firma, die ähnliche Beutel im Sortiment hatten, wie jene die wir brauchten. Mit diesen wollten, ja mussten wir improvisieren. Feinsäuberlich haben wir eine Tour zusammengestellt. Jede Minute war getaktet, denn schließlich waren wir ja am Arsch. Säckli abholen, dann bei Produzent 1 Paulas Empanadas vorbeibringen, sofort weiter zu Produzent 2 Tenzin Momo, um pünktlich im Lager zurück zu sein. Aldo hatte eine Sitzung mit seinem Fußballklub am Abend. Die Stimmung in unserem Dinnair Büssli war phänomenal. Für diese Augenblicke lebt man. Tausend Telefonate und nur „Seich“ im Kopf. Aber immer Herr der Lage. Während Pilot Iozzi das Gefährt lenkte, stempelte Co-Pilot Zihlmann auf dem Beifahrersitz das Dinnair Logo auf die neutralen Säckli, um diese wenige Minuten später den Produzenten abgeben zu können. Quasi druckfrisch mit noch feuchter Tinte. Das Timing war minutiös, perfekt. Außer dass Aldo seinen Termin am Abend, vor lauter „Vollgas“, vergessen hatte… Ich lachte lauthals. Du bist am Arsch mein Freund!

Wir geben Vollgas im Stau – Pilot & Co-Pilot von Dinnair

Die 40‘000 bestellten Säckli trafen schlussendlich irgendwann, Tage später ein. Respektive wir mussten sie in Regensdorf sogar noch selbst abholen. Der Zoll machte unvorhersehbare Probleme. Die Geschichte fand endlich ein Ende.

Nach der Ankunft – die neue Verpackung

Das Wachstum stellte uns schneller als gedacht, vor weitere Liquiditätsprobleme. Jedes Wachstum kostet Geld. Und wir hatten keines mehr. Eine der großen Stärken von Beat, der zweite Geschäftsführer von Dinnair, ist es solche Phasen rechtzeitig zu erkennen. Sofort leitete er alles Nötige ein, um die zweite Finanzierungsrunde auszulösen. Er hatte den Prozess voll im Griff. Das Kapital traf sehr schnell ein und wir hatten wieder etwas Luft, was sehr gut und beruhigend war.

Das Phänomen, welches ich von gefühlt hunderten Unternehmer schon hörte, traf auch bei mir ein. Obschon ich sehr viele Prozess optimierte und teilautomatisierte, verschlang die Büroarbeit immer mehr wertvolle Zeit. Stunde für Stunde. Tag für Tag. Meine Lebenspartnerin unterstütze mich seit der Firmengründung vor drei Jahren enorm im Zahlungslauf und der Buchhaltung. Ihre Bemühungen kosteten Monat für Monat mehr Freizeit und meine Rolle als Innovator und Geschäftsführer litt ebenfalls an den Bergen von Büroarbeit. So war nun also auch meine Zeit gekommen, wo ich das bekannte „Büro-Monster“ kennenlernen durfte. Es brauchte wieder mal den Weitblick von Beat.
„Nicht lange fackeln“, meinte er. „Wir stellen jemanden ein, Punkt“. Ich liebe diese Art. Sehr schnell hatten wir einen Kontakt zu Laura. Corona bedingt hatte sie als Flight Attendant bei der Swiss plötzlich unglaublich viel Zeit. Naja, eigentlich fast uneingeschränkt Zeit. Es hob ja kaum mehr ein Flieger ab. Außer DinnAIR. Und dort konnte eine Office-Attendant dringend gebraucht werden. Also lernten wir uns am 24. Februar kennen und starteten sogleich, völlig unkompliziert, mit der Aufgabe des Einarbeitens.

Laura stammt aus Finnland. Aldo aus Italien. Und ich der Äntlibuecher… Welch geniale Truppe. Am ersten gemeinsamen D-Day (D für Dinnair. So nennen wir die Mittwoche, wo wir uns alle im Lager treffen) hatten wir eine Menge Spaß zu dritt. Laura ergänzt uns herzlich mit ihrer Art. So lange war ich allein mit meinem Start-Up in der Berufswelt unterwegs. Vereinsamte anfänglich wortwörtlich und mutierte vor mich hin. Und nun waren wir bereits zu dritt. Mit einem rundum zufriedenen Bauchgefühl fuhr ich abends dem Sihlsee entlang heimwärts. Ja, ich war so richtig zufrieden und stolz in dieser Mannschaft meinen Platz zu haben.


Ein finnisches Kippis & Prosit auf den Start von Laura

Der Eintritt von Laura passierte sehr schnell und unkompliziert. Sie hat mich mit ihrer Art begeistert. Es gab keinen Zweifel für einen sofortigen Start. Zägg, bum, loslegen. Doch sehr schnell merkten wir, dass systemtechnisch überhaupt nichts vorhanden und bereit war. Wir gerieten ins Stocken und Laura konnte ihre Tätigkeit die ersten Wochen noch gar nicht aufnehmen. Sämtliche Dateien und
„PC-Sachen“ waren noch aus der Gründungsphase und einzig und allein auf meinem persönlichen Laptop zu finden. Laura war bereit, Dinnair nicht. Doch dieser Schritt zwang uns, eine Systemumgebung zu schaffen. Aldo kümmerte sich darum und innert 4 Wochen hatten wir unsere Dinnair Informatikwelt aufgesetzt. Geschäftliche Telefonnummern, ein gemeinsames Sharepoint für die Datenablage, wir waren verbunden. Eine weitere Basisarbeit für die kommenden Jahre, womit sich jedes Start Up früher oder später befassen muss. Ich war erleichtert, dass dieser Schritt vollzogen war und Laura konnte nun endlich mit ihrer Arbeit loslegen.

Knapp einen Monat später, am 19. März, kamen weitere News zu Geschäft Nummer 20.4349 aus Bundesbern. Andri Silberschmid informierte uns persönlich. Der Nationalrat folgte der Empfehlung des Bundesrates und nimmt die Motion ohne Einschränkung an! Traraaaa - Wir sind einen Schritt weiter. Und plötzlich scheint der noch so dürr gewordene Grashalm wieder prächtig zu gedeihen. Er war wieder da, der Strohhalm für Ertrinkende. Doch noch ist der Kampf nicht gewonnen. Wir brauchen auch noch den Segen des Ständerates. Zeit, ruhig zu bleiben.

Dinnair feierte am 05. April 2021 das dreijährige Bestehen. Es war wieder mal an der Zeit, den Rotweinkelch zu schwenken und zu reflektieren. Kaum zu fassen, diese Reise, die das Leben für mich bereit hatte. Angefangen am Straßenrand in Biberbrugg, wo ich nebst guten Stunden manchmal auch alleingelassen und mit den abschätzenden Blicken tausender vorbeifahrender Autos auf Kunden wartete. Der tiefe Fall im Sommer 2020, wo mein Jungunternehmen binnen Stunden sich aufzulösen drohte. Und nun pendelte ich irgendwo zwischen der Verantwortung eines Arbeitgebers für seine
ersten Mitarbeiter und irgendwelchen politischen Motionen. Zwischen Bundesrat und der Öffentlichkeit und irgendwo zwischen einem neu errungenen Weitblick und vor allem einem zwischenzeitlich erfolgreichen Konzept. 3 Jahre Dinnair. Courage heißt, alles zu riskieren, alles zu setzen und vielleicht alles verlieren.

Unser Tiefkühllager platze aus allen Nähten. Wir durften mittlerweile gesamtschweizerisch mit über 30 Verkaufspartner zusammenarbeiten. Die Prozesse wurden schneller, die Kapazitäten geringer. Wir dachten daran, unser Lager in eine größere Räumlichkeit in Einsiedeln zu zügeln, doch es bot sich
keine Möglichkeit an. Auch finanziell wäre dies wahrlich ein „Hoselupf“ gewesen. So war es reiner Zufall, dass die Hofmanufaktur der JuckerFarm auf dem Bächlihof in Jona, Ende April komplett umgebaut wurde und diese sich von den in die Jahre gekommenen Kühl- und Tiefkühlzellen trennte. Das veränderte unsere Ausgangslage und wir entschieden uns, einfach mal alles zu nehmen, wo nicht mehr gebraucht wurde. Dicke und dünne Isolierpaneele, Kühlaggregat, Bodenplatten, Rampen, Stromkabel und Leuchten.


Bei der Ankunft - einmal alles bitte

Wir hatten keine Ahnung, was wir genau damit erbauen wollten, respektive was funktionieren würde. Danke der Hilfe von zwei ungarischen Mitarbeitern aus der JuckerFarm, welche schon öfters Kühlzellen zusammengebaut haben, bastelten wir wortwörtlich unsere eigene Zelle zusammen. Nicht unbedingt „Swiss-Style“, mehr „Ungarn-Style“. Wir lachten. Während 3 Tagen schnitten und frästen
wir die Paneele zurecht. Es wurde geklebt, gebohrt, geflucht und spekuliert.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Und tatsächlich, am Schluss stand eine doch beachtliche Zelle vor uns. Unsere neue Stube. Sie war grösser als die bestehende und wir hatten mehr als eine Verdoppelung der gekühlten Lagerfläche erreicht. Also nichts wie los und ran an den Strom. Ich traute meinen Augen nicht. Das Aggregat lief nicht. Ich wurde wütend und war darüber entsetzt, dass Nichts einfach so von Anfang an laufen kann. Ich informierte mich über ein neues Gerät, welches unser Konto um weitere 5‘000 Franken erleichtern, und mein Kopf noch etwas röter machen würde. Der bestellte Kältetechniker traf tags darauf bei uns ein. Erleichterung machte sich breit. Mit einem neuen Steuergerät für 150 Franken war der Schaden repariert und die Zelle erstarrte in Minus 20 Grad Kälte. Puhh, das ging grad nochmals gut.


Bereit für die nächste Wachstumsphase – wir haben wieder Platz

Am Freitag 30.04. erhielt ich eine Mail von der Blick Redaktion. Offenbar hat sich gerade eben auch die Kommission des Ständerats für unser Anliegen ausgesprochen. Es bewegte sich gerade wieder was. Der Himmel meint es gut mit uns, verdammt gut sogar. Ich glaubs nicht, dachte ich mir. Ich kriegte eine Zeit lang Gänsehaut. Eine sehr lange Zeit sogar. Der Blick wollte die Geschichte
aufnehmen, was uns nur recht sein konnte. Wir, die Pioniere. Wir, die es vermutlich schaffen werden, dass im Bereich der Tiefkühlprodukte über die nächsten Jahre tausende von Verpackungen gespart werden können. Ich sah die Schlagzeile gedanklich vor mir. Sie lud zum Träumen ein und verleitete zu Übermut.

„Bald gibt es Tiefkühl-Erbsli im Offenverkauf“ war schlussendlich der abgebildete Titel. Ich war nicht sehr erfreut über diese kreative Aussage und es war logisch, dass dies ein guter Nährboden für skeptische Leser und Witzbolde in der Kommentarspalte des Artikels war.
Erbsli hin oder her – wir schreiben Geschichte

Doch das zählte alles nicht, in diesem Augenblick. Für mich war Ende April 2021 klar, dass wir mit dem Schicksal und dem Kampf von Dinnair die Welt ein kleines Stück bewegen werden. Es war nie so geplant, doch bittersüße Realität geworden. Unser kleiner Beitrag für den Planeten, unsere Zukunft,
die Allgemeinheit und ein Appell an unsere Vernunft. Ja, es waren emotionale Monate. Wir werden allen beweisen, dass es geht und hoffentlich vielen Unternehmern zeigen, dass Wege nur dann entstehen, wenn man sie geht. Für meine berufliche Veränderung vor 3 Jahren wünschte ich mir nichts mehr, als einfach wieder Lernender zu sein. Ich bekam eine Geschichte wie aus dem Lehrbuch und erlebte den wandelnden Wahnsinn. Das was ich wollte. Auch wenn Licht und Schatten gemeinsam vor der Tür stehen, wenn du wirklich willst, gehst du den weglosen Weg.

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Unser Newsletter ist ein Tagebuch eines Jungunternehmers. Dich erwartet die volle Transparenz und sehr persönliche Worte. Wir möchten damit das Erlebte verarbeiten und unsere Firmengeschichte weitergeben.  Für alle Interessierten und Wegbegleiter, für uns selbst und für all die, die sich selbst in das Abenteuer eines Unternehmers stürzen wollen. Alle bisherigen Tagebuchnotizen findest du hier bei uns im
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