Danke mein lieber Freund

Danke mein lieber Freund

Nach ein paar Bierchen in Luzern, fragte mich mein Freund Oli auf dem Nachhauseweg plötzlich, wie lange ein „Start-Up“ eigentlich ein Start-Up sei. Was ihn zu dieser Frage zur späten Stunde bewogen hat, konnte ich an dem Abend nicht nachvollziehen, es war auch egal. Ich wusste nur, dass ich mir dieselbe Frage schon abermals selbst gestellt habe, ohne eine eigentliche Antwort gesucht oder gar gefunden zu haben. Das war auch niemals relevant oder von Bedeutung. An den darauffolgenden Tagen packte mich diese vermeintlich unwichtige Frage meines Freundes aber immer wieder. Ist Dinnair noch ein Start-Up und wenn ja, ist es überhaupt richtig, fragte ich mich. Ist es grundsätzlich lohnend ein Start-Up zu sein, oder bietet dieser Modebegriff auch einen gewissen Schutz, der sämtliche Fehler vordergründig verzeihen lässt? Ist ein Start-Up quasi die Vorstufe, eines Unternehmers, also die Primarschule aller Firmen?  Wäre es für Dinnair nach knapp 6 Jahren an der Zeit, diesen Ausdruck abzulegen und grösser zu denken? Die Frage faszinierte mich plötzlich und ich wollte den Kern dahinter finden und für mich definieren.
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Juni 2024

Danke mein lieber Freund

Die Welt scheint unterzugehen. Die letzten Spuren nach Corona kommen endgültig zum Vorschein. Krieg und Terror auf dem Planeten dominieren. Unser tägliches Brot wird teurer und teurer. Die Inflation, die harte Realität. Statt uns zu vereinen, lässt sich unsere Spezies gerade lieber spalten. Ein rauer Wind auf nackter Haut. Wir schreiben das Jahr 2024 und die letzten Monate brannte sich eine Katastrophe nach der anderen in unser kollektives Gedächtnis. Wie bei so vielen Unternehmen, standen dadurch auch bei Dinnair keine rosigen Zeiten vor der Tür. Nach wie vor macht ein Fachgeschäft nach dem anderen die Tore zu. Der Detailhandel, so scheint es zumindest, ist gerade im Begriff dazu sich komplett neu zu definieren.

Unser Antrieb und primärer Gedanke im vergangenen Jahr 2023 war, eine eigene Dinnair Produktion zu gründen. Zum einen hat uns das Schicksal, oder unsere eigene Nase, dahin geführt wo wir vermeintlich die richtigen Leute finden konnten. Zum anderen gab es auch keine wirkliche Option dazu, als das Heft vermehrt selbst in die Hand zu nehmen. Gleich drei unserer über Jahre aufgebauten und gepflegten Produzenten-Partnerschaften mussten innert weniger Monaten beendet werden. Ehre denen, welche ihre Träume leben. Unbedingt sogar! Doch leider war es für Dinnair mit dem Wegfallen dieser Produzenten auch so, dass die Produkte fehlten, die Kunden diese vermissten, und unser Unternehmen in einer sonst schon schwierigen Zeit auf wertvollen Umsatz verzichten musste. Seitan Nuggets, Poulet-Chnusperli und Empanadas - Adios

Wir starteten im Frühjahr 2023 mit einem neuen und hochmotivierten Team, unsere eigene Dinnair Produktion aufzubauen. Die benötigten Räumlichkeiten haben wir auf sehr unkomplizierte Art im Kultur- und Kongresszentrum «Zwei Raben» hier in Einsiedeln dankend gefunden. Da standen wir nun in der Grossküche und unser erster Auftrag war klar. Poulet-Chnusperli und Empanadas produzieren. Klar, los geht’s. Da unsere Produkte in Handarbeit hergestellt werden, mussten wir aber noch einiges lernen. Doch wir wussten uns zu helfen. Kinderknete kaufen, Rondellen formen, das «zwirbeln» der Empanadas lernen. Nach den ersten 50 Versuchen, ging das schon ganz ordentlich und es stand nichts mehr im Wege, die Kinderknete durch richtigen Teig zu ersetzen.

Nebst den erwähnten Produkten wollten wir mit der neuen Ausgangslage auch uns als die Menschen und Persönlichkeiten hinter Dinnair selbst viel mehr erlebbar machen. So fanden Catering Events,  Degustationen und der erste Warmverkauf unserer Capuns am Einsiedler Weihnachtsmarkt statt. Wir waren von unseren Kundinnen und Kunden umgeben. Wahrlich ein anhaltender Rausch und ein befriedigendes Gefühl. Es war dass, was wir wollten. Unvergesslich und mein persönliches Highlight war sicherlich das Hochzeits-Catering, welches wir im Herbst 2023 für rund 20 Personen durchführen durften. Da hat uns tatsächlich jemand, im Wissen dieser Premiere, die Chance gegeben uns vertraut und uns die kulinarische Verantwortung für ihren schönsten Tag übergeben. Grandios! Es war ein unvergesslicher Abend und die anfängliche Nervosität verschwand sehr schnell. Wir zauberten einen Tisch daher, der uns allen vor Schönheit den Atem nahm. Es bleibt unvergesslich, alle waren happy, wir todmüde. Überglücklich und mit stolz geschwellter Heldenbrust zogen wir weiter.


Der atemberaubende Hochzeitstisch

 
Schlussendlich aber, scheiterten wir spektakulär mit unserer neuen Schiffsbesatzung. Noch vor der Jahreswende 23/24, hat sich unser Produktions-Team halbiert. Grauer, feuchter Nebel zog auf und die überwunden geglaubten Probleme standen wieder auf gefestigtem Sockel vor uns und lachten uns scheinheilig entgegen. Als Kapitan der Dinnair Flotte wollte ich den Stecker ziehen, auf meinen Bauch hören und die Besatzung neu aufstellen. Durch diesen Entscheid haben wir praktisch alles verloren, was wir im 2023 aufgebaut haben. Doch es fühlte sich richtig an und ich wollte es zulassen, erneut von vorne zu starten. Vieles war weg. Vieles ausser unser Traum. Unsere Kräfte lahmten jedoch erheblich. Wir waren Ende ’23 müde und auf die Produktion bezogen Schach Matt - vorerst.

Sämtliches Gastro-Fachwissen war durch die Neuaufstellung weg. Laura, Julia, Marcel & Peter. So stand sie geschrieben, die Mannschaftsaufstellung fürs Jahr 2024. Julia & Laura erledigten wie gewohnt das Backoffice. Seit der Gründung von Dinnair damals 2018 definierten wir unsere Firmenkultur so, dass diese Backoffice Arbeiten von überall und zu jeder Zeit erledigt werden können.  So ist Dinnair bis heute auch als Arbeitgeber einzigartig, jung und unkompliziert unterwegs und nur wir im internen Dinnair-Team schmunzeln ab und zu selbst für uns, wenn Laura, sie arbeitet zweitberuflich als Flight Attendant bei der Swiss, ihre Arbeiten irgendwo aus Miami erledigt, oder Julia als Reisende irgendwo sonst auf unserer Erdkugel am Dinnair-Bildschirm sitzt.


Nicht Miami sondern Einsiedeln – Team Dinnair

 

Marcel und ich lernten auf der anderen Seite schnell, was es für die anfängliche Produktionen zu lernen gab. Bauten unsere Ängste ab und waren beharrlich. Und es war einmal mehr eine nachträgliche Offenbarung, nicht das Wissen übernehmen zu müssen, sondern es selbstständig erlernen zu dürfen. Durch so viel «learning by doing» sind wir weiter als jemals zuvor. Unsere Produktionsprotokolle sind hohe Schule, die Abläufe perfekt geplant, die gesetzte Tagesmenge erreichen wir in immer kürzerer Zeit bei zunehmendem Spass.  Die Abverkäufe der beiden erwähnten und nun eben selbst produzierten Produkte, sind seither gar gestiegen. Ein mächtiger Stolz für uns beide und eine Anerkennung, an unser neu Erlerntes. Durch diese gemachte Erfahrung steht für uns fest, dass Dinnair weitere Spezialitäten in Eigenproduktion herstellen will.


Spontaner Snapshot nach der geglückten Produktion

 

Wie lange ist ein Start-Up ein Start-Up. Ich begreife nun allmählich, dass Dinnair diesen Status, unabhängig der Anzahl Jahre seit der Firmengründung, ablegen kann und erkenne, die Frage meines Freundes schleichend für mich beantworten zu dürfen. Und ich habe dabei die Erkenntnis für mich gefunden, wo wir mit Dinnair jung und wild bleiben wollen und wo wir nun in die erwachsene Firmenwelt übertreten werden oder es bereits getan haben. Unser allererster Dinnair Mitarbeiter hat mir damals Mantra mässig immer und immer wieder gesagt, dass wir den Start-Up-Geist nie verlieren dürfen. Ich erinnere mich sehr gerne an diese Worte und stimme aus Überzeugung zu. Heute mehr denn je.

Ich fange an, den Unterschied zu begreifen. Mit dem Start-Up-Spirit tief verankert, ist Dinnair mittlerweile erwachsen und wissenshungrig geworden. Wir stehen auf eigenen Füssen, müssen unseren Weg alleine gehen. Gedeihen wollen wir weiter und haben auch in diesem Jahr erneut so viele Fragen fürs Dinnair-Leben gestellt. Das Leben ist die Antwort. Gleich mehrere Grossprojekte werden uns die Stunden und Tage der kommenden Monate erfüllen. Da tut sich definitiv was. Der grösste Schritt ist schon konkret und spruchreif, andere sind aufgegleist und folgen später dann im Herbst. Das Programm 2024 ist mehr als nur sportlich, es verlangt uns im positiven Sinne alles ab.

Seit wenigen Tagen halten wir die Schlüssel für unser neues «Dinnair Zuhause» in den Händen. Unser ergänzendes Glück, suchen wir seit dem 1. Mai im Industriepark «Chaltenboden» in Schindellegi. Dort errichten wir, mit unermüdlichem Einsatz auf knapp 400 Quadratmeter, von Grund auf unseren Traum einer eigenen Produktionsstätte mit Lager und Arbeitsplätzen. Wir glauben an die gemachten Erfahrungen aus 2023 und riskieren es, diese Gross zu denken. Denn wir glauben, dass nebst dem erlangten Wissen, um die Empanadas und den Poulet-Chnusperli, noch eine ganze Menge mehr zu lernen ist. Denn da ist Leben, ja da ist mehr. Und genau da, finden wir den Kern zum Start-Up-Spirit. Irgendwie wie im richtigen, privaten Leben. Den nur wer stätig lernt und lernen will, wer anhaltend und unermüdlich weiterzieht, mit Mut und viel Courage, immer und immer wieder seine eigenen Grundsätze über Board werfen kann, nur der wird vom Start-up-Kinde zum Manne.

Mein lieber Freund Oli, ich danke dir für diese Frage. Die nächste Runde geht auf mich.


Machs dir selbst – 400 m² für unseren nächsten Traum

 

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 Unser Newsletter ist ein Tagebuch eines Jungunternehmers. Dich erwartet die volle Transparenz und sehr persönliche Worte. Wir möchten damit das Erlebte verarbeiten und unsere Firmengeschichte weitergeben.  Für alle Interessierten und Wegbegleiter, für uns selbst und für all die, die sich selbst in das Abenteuer eines Unternehmers stürzen wollen. Alle bisherigen Tagebuchnotizen findest du hier bei uns im
Buch der Erinnerung.

 

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